Im Sommer war Dreamtime Inhaber Dominic Eckert mit seiner Partnerin Ulli Fink und dem gemeinsamen sechsjährigen Sohn Levi für acht Wochen in Australien unterwegs. Lesen Sie hier den ersten Teil seines Reiseberichts über das grosse Familienabenteuer.
Die entspannte Planung der Anreise hat sich gelohnt. Nach einem sorglosen Flug mit Singapore Airlines und einigen Tage der Akklimatisierung in Perth fliegen wir schon in bester Ferienstimmung nach Broome.
Hier verbringen wir nochmals drei Tage im familienfreundlichen Seashells Resort am Cable Beach. Baden im Meer und Bodysurfen ist tagsüber angesagt. Später geniessen wir die tollen Sonnenuntergänge und die warmen Abende. Dass wir – beziehungsweise ich - auch noch das EM Spiel Albanien – Schweiz zu später Stunde im Hotel schauen kann, ist kein Zufall. Es geht nichts über eine sorgfältige Reiseplanung.
Mit der Übernahme des Crikey Campers beginnt unser grosses Abenteuer erst richtig. Mit einer Mischung aus Vorfreude, Respekt und Neugierde stehen wir vor dem Gespann – unser Zuhause für die nächsten sechs Wochen.
Der Anhänger ist grösser, als ich ihn mir vorgestellt hatte - natürlich lasse ich mir nichts anmerken. Fiona und Ray vom lokalen Crikey Depot zeigen uns sowohl das Zugfahrzeug als auch den Trailer.
Wir stellen den Zeltanhänger auf und gehen alles im Detail durch. Ob wir abends noch wissen, wie das alles funktioniert? Budgetiert hatten wir für die Übernahme eine Stunde, am Schluss wurden zwei draus. Bestens vorbereitet und mit einem guten Gefühl fahren wir schliesslich vom Hof.
Nächster Stopp: Shopping Center. Unsere Sorge, keinen passenden Parkplatz für unser Gefährt zu finden, ist unbegründet. Viele Australier reisen selbst mit Anhänger und es gibt überall genügend lange Parkplätze. Dass auch der erste grosse Einkauf länger dauert als geplant, war zu erwarten. Aus der amerikanisch anmutenden Sortimentsauswahl für jeden Geschmack die richtigen Chips, Gummibärchen, Joghurts und Frühstücksmüesli zu finden, ist gar nicht so einfach.
Wer Broome mag, darf das Cape Leveque auf keinen Fall verpassen. Die Strände sind noch unberührter, der Sand feiner und die Schönheit der Natur ist hier schlicht atemberaubend. Ein Höhepunkt schon ganz am Anfang unserer Reise. Die Vorreservation eines tollen Stellplatzes praktisch direkt am Meer hat sich gelohnt. Von unserem Anhänger aus sehen wir am Morgen die Sonne über dem Meer aufgehen. Die Tage sind gefüllt mit ausgedehnten Frühstücken, kurzen Wanderungen, Baden und faulem Rumliegen. Brian Lee, ein lokaler Aboriginal Guide, nimmt uns an einem Tag mit auf eine 4x4 Tag-a-long Tour über den nördlichen Zipfel der Halbinsel. Wir folgen Brian und fahren mit unserm Landcruiser – der Trailer bleibt zurück im Camp. Während Brian uns unterwegs spannende Geschichten über das Leben der Ureinwohner erzählt, realisieren wir, dass englische geführte Touren für einen Sechsjährigen aus der Schweiz nur beschränkt interessant sind – das hatten wir bisher irgendwie nicht bedacht.
Eine tolle Wanderung durch einen seichten Creek, Speerwerfen am Strand und vor allem nach Barramundi fischen am Nachmittag machen den Ausflug trotzdem zu einem unvergesslichen Erlebnis für die ganze Familie – fast so unvergesslich wie der am Abend auf dem offenen Feuer mit Knoblauch und getrockneten Tomaten gegrillte fangfrische Baramundi. Das Rezept ist auf Wunsch bei Dreamtime Travel erhältlich...
Unterwegs zum Cape Leveque
Cape Leveque
Brian Lee
Speerwerfen am Strand
Campingspot Cape Leveque
Neville Poelina kenne ich schon seit vielen Jahren und treffe ihn oft beruflich irgendwo auf der Welt. Die Vorfreude auf den ersten Besuch seiner Heimat ist darum riesig. Zusammen mit seiner Frau Jo und den Kindern Simon und Angelina lebt er bei Udialla Springs am Fitzroy River und empfängt Touristen aus aller Welt. Als Aboriginal Elder kümmert er sich um das Land seiner Vorfahren, die in der Region seit ewigen Zeiten gewohnt haben. Nach einer mehrstündigen Offroadfahrt erreichen wir das abgelegene Oongkalkada Wilderness Camp. Während drei Tagen sind wir hier zu Gast.
«Eine der schlechtesten Erfindungen der Menschheit ist der Gefrierschrank. Früher hat man nur gejagt und geerntet was man gerade brauchen konnte oder man hat mit dem Nachbarn geteilt und getauscht. Seit es diese Gefrierschränke gibt, kaufen alle zu viel ein und schauen nur noch für sich.» Das ist nur einer von vielen interessanten Blickwinkeln, den Neville uns vermittelt.
Wer mehr über die Werte und das Leben der Ureinwohner erfahren will, ist hier genau richtig. Ob es um die Mythen der Schöpferzeit, die Frage der Landrechte oder um die aktuellen Probleme der Ureinwohner geht -bei Neville gibt es kein Thema, welches man nicht diskutieren und keine Frage, die man nicht stellen darf.
Gemeinsam sitzen wir am grossen Familientisch und geniessen ein köstliches Abendessen. Spontan entscheiden die Kinder, die «School of the Air» am nächsten Tag zu schwänzen und uns lieber auf unserer Tour zu begleiten. Neville hat nichts einzuwenden – auch wenn er die Schulbildung seiner Kinder fördert, ist er doch am liebsten mit ihnen unterwegs in der Natur und bringt ihnen all das bei, was sie in der Schule nicht lernen. Gemeinsam erkunden wir also das Land und verbringen einen wunderbaren Tag mit der ganzen Familie im Busch.
Wir finden wilde Bienen, probieren leckere Beeren, lernen viel über natürliche Heilpflanzen und gehen fischen. Gemeinsam mit Simon fängt Levi einen riesigen Baramundi und die Sprache ist plötzlich kein Problem mehr. Die Verständigung unter Kindern funktioniert auch ohne Fremdsprachenkenntnisse.
Der Abschied bei Neville und seiner Familie fällt uns nicht leicht. Aber wir müssen weiter - vor uns liegen noch mehr spannende Abenteuer.
Picknick Lunch am Fluss
School of the Air
Levi & Simon beim Fischen
Bisher lief alles wie am Schnürchen – die Fahrt mit dem Anhänger macht uns keinerlei Probleme, das Wetter ist perfekt, der Aufenthalt am Cape Leveque und die Tage bei Neville waren fantastisch. Kann es noch besser werden?
Eine solche Reise ist ja eher ein zweischneidiges Schwert – Familienzeit ohne Ende, tolle Erlebnisse und grenzenlose Freiheit. Aber ob man sich bei den langen Fahrten durchs Outback und dem limitierten Platz im Trailer nicht auf die Nerven geht?
Vor uns liegt die Reise entlang der legendären Gibb River Road - eine lange Offroadstrecke mit beschränkter Infrastruktur durch die wilden Kimberley. Wie reagiert der Kleine auf die längeren Etappen die uns bevorstehen? Wie ist der Strassenzustand? Hält das Wetter? Am Wichtigsten: Können wir irgendwo im Outback die aktuellen Resultate der Fussball EM erfahren?
Unsere Sorgen sind weitgehend unbegründet. Die Gibb River Road ist in einem bemerkenswert guten Zustand – für meine Begriffe fast etwas zu gut. Wir kommen problemlos vorwärts und geniessen die Fahrt – auch Levi. Langeweile kommt nie auf. Während den Fahrten wird Musik gehört und lauthals mitgesungen. Die Unterhaltung ist so organisiert, dass immer abwechslungsweise eine CD gewählt werden darf. Ulli hört dann jeweils Robbie Williams, Levi die Musik zum Schellenursli-Film und ich sorge für etwas Abwechslung im Kulturprogramm.
Diese Fahrt entlang der Gibb ist ein weiteres grosses Highlight unserer Reise. Wir haben so viel Zeit, dass wir bei vielen Schluchten zwei oder sogar mehr Nächte verbringen können. Natürlich wandern wir durch die Windjana Gorge mit den vielen Süsswasserkrokodilen und waten durch den stockdunkeln Tunnel Creek – wer braucht da noch einen Abenteuerspielplatz? Etwas weiter entlang der Strecke campieren wir zwei Nächte bei Silent Grove und baden in der spektakulären Bell Gorge.
Süsswasserkrokodile in der Windjana Gorge
Krokodile beobachten in der Windjana Gorge
Tunnel Creek
Auf dem Weg zur Bell Gorge
Bell Gorge
Manning Gorge
Als unseren Lieblingsort entlang der Gibb River Road erküren wir schon bald die Manning Gorge. Die von Palmen gesäumte Schlucht ist gesegnet mit glasklarem Wasser und einem kleinen Sandstrand – der perfekte Ort für Familien. Hier verbringen wir einige wunderschöne Tage und verlängern sogar unseren geplanten Aufenthalt. Wer braucht Ferien am Meer, wenn man in einer fantastischen Schlucht mit Sandstrand baden kann? Dass wir hier unseren ersten und schlussendlich auch einzigen platten Reifen der ganzen Reise einfangen, kann unsere Begeisterung für die Manning Schlucht in keiner Weise schmälern.
Die Wanderung hoch zu den pittoresken Manning Gorge Falls ist anspruchsvoll aber mehr als lohnenswert. Selbst Levi mit seinen kurzen Beinen hat die Wanderung mit Bravour und mächtig stolz gemeistert. Geholfen haben die guten Schuhe und das eine Lied von der Schellenursli CD von Mundartsänger Kunz: Tritt für Tritt de Berg duruf, chunnt en Stei, so stohni druf und schrei: ich gibe sicher ned uf!
Abendstimmung bei Home Valley
Beides sind Farmen entlang der Gibb River Road, welche über eine touristische Infrastruktur verfügen. Die Stations liegen relativ nahe beisammen und man entscheidet sich in der Regel für eine der beiden. Wir haben Zeit und entscheiden uns, beiden Farmen einen Besuch abzustatten.
In dieser Region wurde vor einigen Jahren der mehr oder weniger monumentale Film «Australia» gedreht und Home Valley war Basis der Filmcrew – einige Requisiten stehen heute noch rum. Irgendwie geht es mir hier wie damals beim Film – so ganz warm werde ich damit nicht. Alles ist nett gemacht, es gibt ein originelles Restaurant, einen Kinderspielplatz und sogar einen Pool. Nach den Nächten in Silent Grove und der Manning Gorge kann uns das alles nicht richtig begeistern.
Ein Pluspunkt hier: es gibt wieder mal eine Internetverbindung, die für den Liveticker des Tagesanzeigers reicht. Aber auch das hilft nicht, um unsere Stimmung zu verbessern. Morgens um halb drei verschiesst Xhaka den Penalty. Die Schweiz ist raus - wir reisen weiter.
«Lass uns doch noch kurz diese Stichstrasse zum Fluss runterfahren, da ist es bestimmt schön» meint Ulli am nächsten Morgen. Sie will mich von meinem Fussballfrust ablenken. Und tatsächlich, nur wenige Kilometer von der Station weg liegt das Pentecoast River Bushcamp – direkt am Fluss und mit Blick auf die majestätischen Cockburn Ranges. Ein einfaches Camp, aber richtig schön. Warum hat uns das niemand gesagt? Im Geist passe ich bereits unsere «Travel Notes» im Geschäft an.
Vor uns jetzt der Pentecoast River – da müssen wir durch. In der Regenzeit ein reissender, unpassierbarer Fluss, zeigt sich der Pentecoast im Juli von seiner sanften Seite. Das Wasser ist nicht sehr tief und es gibt praktisch keine Strömung. Durchwaten, um die Tiefe zu prüfen, muss und soll man hier nicht – es gibt zu viele Krokodile. Ulli fährt ganz entspannt durch. Ich fotografiere vom Ufer aus etwas weniger entspannt – immer mit einem prüfenden Blick nach den Crocs. Ulli wendet und holt mich freundlicherweise wieder ab und dann geht’s zum letzten Mal durch den Pentecoast River. Diese Touristen!
Sicht vom Home Valley Bushcamp
Über den Pentecoast River...
... und wieder zurück
Die Etappe in Richtung El Questro ist fantastisch – wir fahren praktisch direkt auf die Cockburn Ranges zu und geniessen die wunderbare Landschaft. Gibb River Road at it’s best. Bei Ankunft in El Questro haben wir ein Déjà-vu – auch hier alles sehr schön gemacht, ein rustikales Restaurant, nette Bungalows und eine gute Infrastruktur – eigentlich alles, was das Touristenherz begehrt. Hier machen wir alles richtig und fragen gleich nach einem Bushcamp. Tatsächlich wird uns ein wunderbarer Platz zugewiesen – direkt an einem kleinen Creek, weit und breit keine Nachbarn, einfach nur Buschland, viel Platz, eine Feuerstelle und über uns der Sternenhimmel. Auch hier kommt der Crikey Vorteil voll zum Tragen – der Trailer bleibt im Bushcamp stehen und wir erkunden auf zum Teil abenteuerlichen Tracks die verschiedenen Schluchten und spektakulären Aussichtspunkte von El Questro.
Camp bei El Questro
Aussichtspunkt bei El Questro
Zebedee Springs
Wehmut kommt auf. Bald haben wir das Ende der Gibb River Road erreicht. Als wär‘s nur um die Zeit entlang der legendären Route noch etwas heraus zu zögern, geniessen wir in der Emma Gorge noch ein leckeres Mittagessen bevor wir dann Kununurra erreichen.
Juli / August 2016